Wallstein Verlag

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Der Wallstein Verlag wurde 1986 von Thedel v. Wallmoden gemeinsam mit Dirk und Frank Steinhoff gegründet. Nach ersten Erfolgen durch den Einsatz von innovativer Computertechnologie für Satz und Gestaltung von Büchern startete Wallstein sein Buchprogramm mit »Mein scharmantes Geldmännchen« (1988), dem Briefwechsel zwischen Gottfried August Bürger und seinem Verleger Johann Christian Dieterich.

Nachdem 1992 die Brüder Steinhoff den Verlag verlassen hatten, trat Markus Ciupke als Gesellschafter in die GmbH ein. 2004 übernahm Thorsten Ahrend weitere Geschäftsanteile und ist seitdem für das belletristische Programm im Wallstein Verlag verantwortlich. Seit 2013 ist Nikola Medenwald Mitglied der Geschäftsleitung. Zur Zeit beschäftigt der Verlag 28 feste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ca. 180 Neuerscheinungen pro Jahr begleiten.

2018 wurde der Verlag Konstanz University Press – KUP – als Imprint übernommen und bildet unter der Leitung von Bernd Stiegler und Alexander Schmitz eine wichtige Erweiterung und programmatisch innovative Ergänzung des geisteswissenschaftlichen Programms. Bei KUP erscheinen auch Übersetzungen bedeutender internationaler Autorinnen und Autoren wie Judith Butler, Georges Didi-Huberman und Franco Moretti.

Von herausragender Bedeutung für die Entwicklung des Verlags war der Erfolg von Ruth Klügers Buch »weiter leben - Eine Jugend« (1992). Seit Erscheinen wurden in Deutschland mehr als eine halbe Millionen Exemplare (inklusive Lizenzausgaben) verkauft. Das Buch wurde in zehn Sprachen übersetzt.

Weitere große Erfolge in der Literaturkritik und im Buchhandel waren u.a. die Romane »Hundert Tage« und »Hagard« von Lukas Bärfuss sowie »Engel des Vergessens« von Maja Haderlap, ebenso die Tagebücher von Friedrich Kellner »Vernebelt, verdunkelt sind alle Hirne«. Teresa Präauer wurde für ihren Roman »Für den Herrscher aus Übersee« mit dem aspekte-Literatur Preis 2012 für das beste deutschsprachige Prosadebüt des Jahres ausgezeichnet. Ralph Dutli erhielt für »Soutines letzte Fahrt« den Rheingauer Literaturpreis (2013) und den Preis der LiteraTour Nord 2014 und Lukas Bärfuss wurde für »Koala« mit dem Solothurner Literaturpreis 2014 und dem Schweizer Buchpreis 2014 ausgezeichnet. Teresa Präauers zweiter Roman »Johnny und Jean« wurde 2015 für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. 2020 gewann Henning Ziebritzki mit »Vogelwerk« den Peter-Huchel-Preis.

Zahlreiche Autorinnen und Autoren des Wallstein Verlags wurden für ihr Gesamtwerk mit Preisen geehrt. Besonders bedeutsam war die Verleihung des Georg-Büchner-Preises an Lukas Bärfuss 2019. Seine Dankesrede »es ist zwischen uns« wurde in den Medien stark wahrgenommen.

 

Das Programm

Wallstein setzt seine Programmschwerpunkte in den Geisteswissenschaften und der Belletristik. Nachdem anfänglich der thematische Fokus noch vorwiegend auf der Literatur- und Ideengeschichte des 18. Jahrhunderts lag, hat sich der Verlag über die Jahre mit Veröffentlichungen aus einem breiten wissenschaftlichen Spektrum einen Namen gemacht.

Die wichtigste Programmsparte ist heute neben der Literaturwissenschaft die Geschichtswissenschaft mit einem Schwerpunkt in der Zeitgeschichte, der Erforschung des Nationalsozialismus mit besonderem Augenmerk auf dem Völkermord an den europäischen Juden und der Geschichte des Antisemitismus. Inzwischen wurde das geschichtswissenschaftliche Programm auch um Publikationen und Quelleneditionen zum Mittelalter und zur Frühen Neuzeit erweitert.

Seit Verlagsgründung wurde bei Wallstein eine Vielzahl von kommentierten Editionen älterer Texte der deutschen Literatur publiziert, u.a. Werkausgaben von Barthold Heinrich Brockes, Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Johann Peter Hebel, Ludwig Christoph Heinrich Hölty, Johann Heinrich Merck, Adolph Freiherrn Knigge, C. F. Meyer, Friedrich Rückert und Rahel Varnhagen. Die große historisch-kritische Edition des »Faust« (2018) zeigt überdies beispielhaft, wie sich eine Open-Acess-Publikation und ein wunderbares gedrucktes Faksimile der wichtigsten Handschrift zum zweiten Teil der Faust-Dichtung, sowie eine gedruckte Ausgabe des konstituierten Textes des gesamten »Faust« auf das Beste ergänzen.

Darüber hinaus sind viele bedeutende Editionen von Texten aus dem 20. Jahrhundert im Wallstein Verlag erschienen, darunter Werkausgaben von Hannah Arendt, Stefan Andres, Peter Altenberg, Hugo Ball, Nicolas Born, Max Brod, Albert Ehrenstein, Peter Gan, Irmgard Keun, Annette Kolb, Gertrud Kolmar, Anton Kuh, Else Lasker-Schüler, Christine Lavant, Ernst Meister, Joseph Roth, Ernst Toller, Armin T. Wegner und Hans Wollschläger sowie Nachlasspublikationen von Carl Zuckmayer (»Geheimreport« 2002) oder Briefeditionen von Gottfried Benn, Johannes Bobrowski, Claire und Yvan Goll, Karl Kraus, Rainer Maria Rilke, Joseph Roth und Golo Mann.
Seit 2020 wird die von Roland Reuß und Peter Staengle im Verlag Stroemfeld / Roter Stern begonnene »Franz Kafka-Ausgabe. Historisch-Kritische Edition sämtlicher Handschriften, Drucke und Typoskripte« im Wallstein Verlag fortgeführt.

In der von Heinz Ludwig Arnold gegründeten Reihe der »Göttinger Sudelblätter« hat auch die zeitgenössische Essayistik schon lange einen Platz im Wallstein-Programm – mit Texten von H. G. Adler, Marcel Beyer, Ulrike Draesner, Friedrich Dürrenmatt, Helmut Heißenbüttel, Daniel Kehlmann, Navid Kermani, Herta Müller, Peter Rühmkorf, Hans Joachim Schädlich, Albrecht Schöne, u.v.a.

Seit dem Eintritt von Thorsten Ahrend in den Verlag wurde das belletristische Programm erheblich erweitert. Bei Wallstein erscheinen Bücher von Jörg Albrecht, Lukas Bärfuss, Steven Bloom, Thomas Brussig, Daniela Danz, Ralph Dutli, Leander Fischer, Dorothea Grünzweig, Maja Haderlap, Harald Hartung, Manfred Peter Hein, Gabriele Kögl, Ulrike Kolb, Ludwig Laher, Dea Loher, Emanuel Maeß, Sabine Peters, Hermann Peter Piwitt, Teresa Präauer, Patrick Roth, Hendrik Rost, Doris Runge, Ron Segal, Kai Weyand, und Matthias Zschokke. Sie setzen deutliche Akzente auf die Gegenwartsliteratur.

Für alle Bücher aus Wissenschaft und Belletristik gilt, dass der Wallstein Verlag anspruchsvolle Bücher auch ansprechend gestaltet und sie sorgfältig drucken und verarbeiten lässt. Es ist erklärtes Ziel des Verlags, durch eine attraktive Preisgestaltung nicht nur Bibliotheken, sondern besonders auch interessierte Leser als Käufer anzusprechen. Seit Herbst 2013 erscheint die Reihe »Ästhetik des Buches«, in der sich Fachleute aus verschiedenen Disziplinen den einzigartigen Qualitäten des Mediums widmen.

 

Auszeichnungen/Preise

Der Wallstein Verlag wurde 1996 mit dem erstmals vergebenen Niedersächsischen Verlagspreis ausgezeichnet. 2002 erhielt er eine regionale Auszeichnung als besonders familienfreundlicher Betrieb. Im März 2013 wurde dem Wallstein Verlag der Kurt-Wolff-Preis verliehen. 


Im Mai 2020 wurde der Verlag mit dem Deutschen Verlagspreis ausgezeichnet. In der Jurybegründung heißt es: »Der Wallstein Verlag hat seit den 1980er Jahren eine kluge Kooperationsstruktur entwickelt, um sonst kaum finanzierbare Gesamtausgaben wie die der Briefe, Texte und Gedichte von Johann Peter Hebel und Rahel Varnhagen, Christine Lavant, Nicolas Born und Adolf Endler zu realisieren. Er hat sich außerdem insbesondere um die Geisteswissenschaften verdient gemacht und flankiert beide Sparten mit einem belletristischen Programm, das sowohl für Entdeckungen wie für ganz traditionelle Autorenpflege steht.«

 

Andere Aktivitäten

Der Verlag unterstützt aus seinen Gewinnen jährlich ein soziales Projekt wie etwa die »Göttinger Tafel« oder ein Behindertenheim in Rumänien. Außerdem ist er Zustifter der Kurt-Wolff-Stiftung, die im November 2000 von unabhängigen Verlegern und dem damaligen Kulturstaatsminister Dr. Michael Naumann gegründet wurde und sich die Förderung einer vielfältigen Verlags- und Literaturszene zum Ziel gesetzt hat.
 
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